Meldungen aus dem Landesverband Hessen
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Miteinander reden, Zuhören und Gutes tun

Unterwegs für den Volksbund in Merenberg

v.li.n.re: Bürgermeister Oliver Jung, Spenderin Großmann, daneben ihr Sohn, Frank Großmann

Das Ergebnis der jährlichen Haus- und Straßensammlung ist für die Existenz des Volksbundes und die Finanzierung seiner Aufgaben wesentlich. Daher wird der Erfolg vorausgesetzt. Dieser ist aber weder vorhersehbar noch ist er sicher. 

Entscheidend für den Erfolg ist das Engagement der Sammlerinnen und Sammler vor Ort, ebenso die Spendenbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger. Diese Bereitschaft ist regelmäßig vorhanden, was fehlt, sind allerdings oft die Menschen, die die Spenden bei den Bürgerinnen und Bürgern abholen. Sind diese in einer Kommune vorhanden und kommen jährlich wieder, ist das eine Basis für ein gutes bis sehr gutes Spendenergebnis. Verlässlich ist es allerdings nicht, da es auf Freiwilligkeit beruht. Viele Faktoren können also den Erfolg einer einzelnen Sammlung gefährden. Im Jahr 2022 wurde das gemeinsame Engagement mit einem Ergebnis von rund 86.000 Euro belohnt.

In Hessen bitten wir die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister jährlich um ihre Unterstützung. Der Volksbund stützt sich bei der Vorbereitung und Abrechnung der Sammlung auf die Hilfe der hessischen Kommunen, ebenso bei der Suche nach Sammlerinnen und Sammlern. Nicht alle können oder wollen uns hierdurch unterstützen. Manche überweisen dem Volksbund stattdessen eine eigene Spende.

Dass in einer Gemeinde ein Bürgermeister jedoch selbst sammeln geht, ist inzwischen sehr selten geworden. Daher löste eine entsprechende Mitteilung aus der Gemeinde Merenberg zunächst Ungläubigkeit, dann Erstaunen und schließlich Freude in der Landesgeschäftsstelle aus. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass Bürgermeister Oliver Jung bereits seit Jahrzehnten gemeinsam mit Frank Großmann an einem Nachmittag in ihrer Gemeinde von Haustür zu Haustür gehen.

Warum das beide Herren machen, wollten wir genauer wissen.

 

In Vorbereitung der zentralen Dankveranstaltung fragten wir daher nach:

In welchem Jahr fand Ihr erstes Sammlungsengagement zugunsten des Volksbundes statt? Wie alt waren Sie damals?

Oliver Jung: 1985 oder 86, ich war 16 oder 17 Jahre alt

Frank Großmann: Ich bin gerade neu bei der FFW eingestiegen, ich war so ca. 15–17 Jahre alt.

Gab es ein Schlüsselerlebnis für den Start Ihres Sammlungsengagements? Oder war eine bestimmte Person ausschlaggebend, die Sie hierfür ansprach?

Oliver Jung: Es gab kein Schlüsselereignis, es wurden aus den Reihen der Feuerwehr Kameraden zum Sammeln gesucht.

Frank Großmann: Aufgrund der ehrenamtlichen Tätigkeit bei der Feuerwehr haben wir uns zum Sammeln für den Volksbund gemeldet.

Was hat Sie bewogen, dieses Engagement bis heute fortzusetzen?

Oliver Jung: Die Begegnung mit den Menschen in unserem Dorf, die mit uns älter wurden.

Frank Großmann: Die Lust auf Kommunikation und das „Miteinander“ in einem Dorf. Viele ältere Menschen warten schon auf uns, es gibt in jedem Jahr sehr schöne Geschichten, die wir bei unserem Hausbesuchen erfahren. Auch über die Kriegszeit wird gesprochen und damit über die Wichtigkeit des Volksbunds.

Hat sich Ihre damalige Motivation über die letzten drei Jahrzehnte verändert? Falls ja, was hat Sie motiviert, das Engagement jährlich fortzusetzen?

Oliver Jung: Die Motivation hat sich nicht verändert, wir freuen uns jedes Jahr auf einen super schönen Nachmittag der bis in die späten Abendstunden andauert und die Gewissheit, dass die Menschen regelrecht auf uns warten.

Frank Großmann: Bis heute hat sich die Motivation nicht verändert, es macht nach wie vor einfach Spaß an einem Nachmittag bis in die Abendstunden für den Volksbund unterwegs zu sein und seinen Beitrag dazu zu leisten. Auch wenn es heute durch die berufliche Situation manchmal schwieriger wird einen Sammeltermin zu finden, haben wir es trotz allem jedes Jahr geschafft.

Welches waren Ihre persönlichen Argumente, mit denen Sie damals um eine Spende für den Volksbund gebeten haben? Womit werben Sie heute für die Arbeit des Volksbundes?

Oliver Jung: Auf dem Dorf kennt man sich und man kannte damals als auch heute den Volksbund, zwischendurch als ehemaliger Berufssoldat, war das natürlich noch einmal was ganz anderes. Bis heute müssen wir nicht viel reden an den Haustüren, da man nach so einer langen Zeit weiß, warum wir geklingelt haben. Man bittet uns in der Regel hinein.

Frank Großmann: Natürlich hatte man als junger Kerl durch die ersten Sammlungen für die Feuerwehr nicht den direkten Bezug zum Volksbund. Es war schön an den Haustüren zu klingeln und eine Spende zu bekommen. Wir mussten auch hier und da ein Schnäpschen mit den Senioren trinken, aber alles mit Maß.

Je mehr man sich damit beschäftigte und je mehr Erlebnisse man von den älteren Menschen erfahren hat, wurde einem die Arbeit und Aktionen des Volksbundes bewusster. Werben müssen wir nur noch bei neuen Bürgern im Dorf, die haben oft noch nichts vom Volksbund gehört.

Wie sprechen Sie die Menschen konkret an? Ist das unterschiedlich, beispielsweise wenn Sie mit jungen Menschen oder mit älteren und sehr alten Menschen sprechen?

Oliver Jung: Das Miteinander reden ist es, was es so schön macht, mit jungen Menschen sprechen wir oft über meine Zeit bei der Bundeswehr, mit älteren oder alten über ihre Erfahrungen. Dazu ein Beispiel was mich bis heute sehr bewegt: Eine ältere Dame, die uns jedes Jahr empfing und mit der wir jedes Jahr lange in ihrer Küche saßen und uns mit ihr unterhielten, wurde bettlägerig und ihr Sohn zog zu ihr. Den kannten wir nicht. Als wir klingelten sagte er, er gebe nichts für den Volksbund. In diesem Moment rief die Dame aus dem Schlafzimmer: "Ist das der Frank und der Oliver? Wenn ja lass sie rein, sie sollen zu mir kommen!" Wir saßen lange an ihrem Bett und unterhielten uns und natürlich bekamen wir eine Spende. Ein paar Tage später starb sie und wir waren froh, noch einmal bei ihr gewesen zu sein.

Frank Großmann: Es gibt sehr viele schöne Ereignisse, die wir in der langen Zeit erleben durften. Das Beispiel von Oliver Jung mit der alten Dame am Krankenbett war bestimmt ein Schlüsselmoment. Aber auch der ältere Herr, der uns jedes Jahr an der Tür sagte: „Ich bin Mitglied im Volksbund und leiste jedes Jahr meinen Beitrag!“. Er hat uns jedes Jahr trotzdem reingelassen und eine Spende gegeben. Wir saßen bei vielen älteren Menschen im Wohnzimmer und durften uns „Ihre“ Erlebnisse anhören. Wir hören eigentlich sehr gerne zu, da die älteren Menschen vielfältige Erinnerungen an diese Zeit haben. Diese ganzen Geschichten tragen wir heute für die Arbeit beim Volksbund gerne weiter, gerade bei jüngeren Menschen.

Was würde zu einem Ende dieser ehrenamtlichen Tätigkeit führen?

Oliver Jung: Nur eine gesundheitliche Einschränkung.

Frank Großmann: Solange wir gesund bleiben, werden wir die ehrenamtliche Tätigkeit für den Volksbund fortführen.

Und, wie schätzen Sie die Zukunft des Volksbundes ein?

Oliver Jung: In der heutigen Zeit ist das Engagement des Volksbundes gar nicht hoch genug einzuschätzen, dies wird uns nun ja wieder täglich am Beispiel Ukraine leider vor Augen geführt.

Frank Großmann: Wenn der Film „Im Westen nichts Neues“ in der Neuverfilmung 4 Oskars erhält, ist das Thema in allen Köpfen noch aktuell.  Daher schätze ich die Arbeit des Volksbundes weiterhin als sehr wichtig, da man eine Erinnerungsstätte für die gefallenen Soldaten und Zivilopfer benötigt.  

Das Interview führte Viola Krause, Geschäftsführerin des Landesverbandes Hessen

Viola Krause Landesgeschäftsführung
Philipp Knauf Arbeitsbereich Haus- und Straßensammlung (z.Z. dienstags 09:00 - 17:30 Uhr)