Meldungen aus dem Landesverband Hessen
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75 Jahre Kriegsende: Frankfurt am Main

Kriegsgräber erzählen Geschichte(n)

Die derzeitige Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Beschränkungen haben auch Auswirkungen auf den Landesverband Hessen: zahlreiche Projekte und Veranstaltungen können in den nächsten Wochen nicht wie geplant durchgeführt werden – oder müssen vollständig abgesagt werden. Aus diesem Grund möchten wir Ihnen in den nächsten Wochen an dieser Stelle einige ausgewählte Kriegsgräberstätten in Hessen und die dort bereits erfolgten Forschungsarbeiten des Landesverbandes Hessen vorstellen. Ebenso werden wir Ihnen einen Überblick über die jeweiligen Bildungsprojekte geben, die der Landesverband auf den hessischen Kriegsgräberstätten anbietet und regelmäßig durchführt.

Bereits rund einen Monat vor der vollständigen Kapitulation Deutschlands am 8.Mai 1945 war der Krieg in Frankfurt am Main beendet. Am 26. März 1945 überschritten US-Truppen den Main im Südosten Frankfurts – über die heutige Friedensbrücke – und konnten die Stadt innerhalb von drei Tagen vollständig einnehmen. Am 10. April 1945 schließlich waren auch die letzten Kampfhandlungen auf dem Gebiet des heutigen Bundeslands Hessen eingestellt.
Am Ende des Krieges war Frankfurt, wie zahlreiche andere deutsche Städte auch, durch Bombenangriffe und Kampfhandlungen fast vollständig zerstört. Heute ist hiervor nichts mehr zu sehen und nur noch Wenige erinnern sich. Auf Kriegsgräberstätten sind die Folgen von Krieg und Gewaltherrschaft weiterhin sichtbar – diese sind für uns heute mehr als Orte der persönlichen Erinnerung und Trauer. Wir begreifen Kriegsgräberstätten heute vor allem auch als Lernorte der historisch-politischen Bildung.

Der größte Teil der Kriegstoten des Ersten und des Zweiten Weltkriegs sind auf der Kriegsgräberstätte des Frankfurter Hauptfriedhofs bestattet, dessen Mittelpunkt das Kriegsopfer-Ehrenmal von 1928 bildet. Auf unterschiedlichen Gräberfeldern, sogenannten „Gewannen“, liegen Kriegstote aus Deutschland und aus zahlreichen anderen Nationen begraben – deutsche Militärangehörige und zivile Bombenopfer, aber auch die Opfer der NS-Gewaltherrschaft. Dies waren insbesondere ausländische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, jedoch ebenso deutsche Opfer, die unter dem Vorwand der „Euthanasie“ ermordet wurden, weil ihr Leben als „lebensunwert“ galt.
Unter den deutschen Militärangehörigen, die auf dem Frankfurter Hauptfriedhof bestattet sind, befinden sich auch Personen, die nachweislich der SS angehörten.

Im Rahmen seines Forschungsprojekts zu hessischen Kriegsgräberstätten hat der Landesverband Hessen exemplarische Schicksale von Kriegstoten rekonstruiert. Eines dieser Einzelschicksale ist Kajum Abaidulin, der 1907 in einem tatarischen Dorf bei Jekaterinodar (heute Krasnodar) in Südrussland geboren wurde. Kajum Abaidulin war ein sowjetischer Soldat, der im Februar 1942 in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet und im September 1943 dem „Kriegsgefangenen-Arbeitskommando 763“ zugeteilt wurde, dessen Lager sich in Frankfurt-Niederrad befand. Seine Todesumstände konnten nicht vollständig aufgeklärt werden. Er verstarb am 14. Februar 1945, als Todesursache wurde „Feindeinwirkung (Verletzung des Schädels)“ angegeben. Demnach kam Kajum Abaidulin bei einem alliierten Bombenangriff ums Leben. Nicht auszuschließen ist jedoch, dass er durch diese Angabe verschleiern sollte, dass Kajum Abaidulin von einem Bewacher getötet wurde.
Ebenfalls auf dem Frankfurter Hauptfriedhof liegt Natalija Serbina begraben, eine sowjetische Zwangsarbeiterin, die mit nur 18 Jahren bei einem Bombenangriff ums Leben kam. Bereits als Sechzehnjährige musste sie für die Vereinigte Deutsche Metallwerke AG (VDM) arbeiten. Zwischenzeitlich wurde sie von der Gestapo für mehrere Wochen in ein „Arbeitserziehungslager“ eingewiesen.  Natalija Serbina lebte während der gesamten Zeit ihrer Zwangsarbeiterschaft in den werkseigenen Lagern – wo sie schließlich am 19. März 1945 verstarb.
Weitere Informationen zur Kriegsgräberstätte auf dem Frankfurter Hauptfriedhof und weitere Kurzbiografien finden Sie hier. Einen allgemeinen Überblick über das Forschungsprojekt bieten wir Ihnen hier.

Darüber hinaus bietet der Landesverband Hessen unterschiedliche Projekte und Bildungsmodule an, die Schülerinnen und Schülern, Multiplikatorengruppen und interessierten Erwachsenen einen inhaltlichen Zugang zu den Kriegsgräberstätten ermöglichen: Führungen, interaktive Spurensuchen sowie unterschiedlich gestaltbare Projekt- und Seminartage zu ausgewählten Themenschwerpunkten sind möglich. Ausführliche Informationen zu Kriegsgräberstätten als Lernorten bieten wir Ihnen hier. Informationen zu den Bildungsprojekten auf dem Frankfurter Hauptfriedhof erhalten Sie hier sowie über unsere Landesgeschäftsstelle.