Meldungen aus dem Landesverband Hessen
Meldungen aus dem Landesverband Hessen

Luftangriff auf Fulda vor 80 Jahren

Projektwoche mit Richard-Müller-Schule

Zum Gedenken an die Toten des Krätzbachtunnels

Zum Gedenken an die Toten des Krätzbachtunnels Maike Bartsch


Das größte Massensterben in einem Luftschutzbunker, das es auf deutschem Boden im Zweiten Weltkrieg gab, fand in Fulda statt. 707 Zivilisten kamen ums Leben, als amerikanische Bomber den Verschiebebahnhof im Süden der Stadt attackierten, um die deutschen Angreifer in den Ardennen von ihrer Rüstungszufuhr abzuschneiden. Unterhalb der Gleise befand sich ein Luftschutzraum, der Krätzbachtunnel. 
 

Kein Gras gewachsen

Im Rahmen einer Projektwoche hat sich eine Gruppe von Zwölftklässlern der Richard-Müller-Schule Fulda mit dem Ereignis befasst, das inzwischen 80 Jahre zurückliegt. Ob heute Gras über die Sache gewachsen ist? Das konnten die Schülerinnen und Schüler spätestens dann verneinen, als die Fuldaerin Karola Krisch, vom Landesverband Hessen zu einem Besuch in die Klasse eingeladen, eindringlich berichtete, wie sehr das Unglück ihr Leben prägte. Dabei war sie zum Zeitpunkt des „schwärzesten Tages der Fuldaer Stadtgeschichte“ noch gar nicht auf der Welt. Damit erfuhren die Zuhörer über transgenerationale Traumata und die Schrecken des Krieges, die weit über das Jahr 1945 hinausreichen.

„Ich find’s krass, dass wir so wenig wussten!“

Ausgehend vom Lernort Kriegsgrab erkundete die Projektgruppe anfangs die authentischen Orte des Unglücks und begab sich auf Spurensuche in der Stadt. In Gruppen wurde mit historischen Quellen gearbeitet. Dabei ging es einmal um die Hintergründe des Unglücks selbst und Details, dann aber auch um die Einordnung in den Kontext des großen Weltkriegsgeschehens. Die „eigenen“ und die „fremden“ Opfer wurden thematisiert, außerdem die Begrifflichkeiten von „Tätern“ und „Opfern“ auf den Prüfstand gestellt. Die Schüler hörten alle zum ersten Mal von dem Unglück im Jahr 1944, das so entscheidend war für die Geschicke ihrer Stadt. „Ich find’s krass, dass wir so wenig wussten!“, sagte eine Schülerin im Rückblick auf das Gelernte.

Beitrag zum Erhalt der Erinnerung

Sacken lassen konnten die Teilnehmenden das neue Wissen bei einer Reinigungsaktion am Nachmittag des zweiten Projekttags. Auf dem Gräberfeld der Bombenopfer auf dem städtischen Zentralfriedhof wurden Grabpflanzungen beschnitten, Steine geschrubbt und wilde Gräser entfernt. Ganz nebenbei konnten Inhalte reflektiert und Eindrücke geteilt werden.

Selbstwirksamkeit

Nicht nur bei der gemeinsamen Reinigungsaktion konnten die Zwölftklässler spüren, wie viel sie aus eigener Kraft heraus verändern können. Sie waren voll einbezogen in die Vorbereitung einer Gedenkveranstaltung, die das Projekt bekrönenden sollte, und erlebten, wie die Stadtöffentlichkeit auf Ihre Arbeit reagierte. Für den Festakt bereiteten sie nicht nur Wortbeiträge vor, die das Erlebte und Gelernte reflektierten, sondern schufen auch – mit Unterstützung einer anderen Projektgruppe ihrer Jahrgangsstufe – Gedenkelemente für die Gräberstätte auf dem Zentralfriedhof. Schieferplatten wurden mit Wortelementen bedruckt, Holzkreuze erstellt und bestempelt und ein Bild auf Leinwand gemalt. Eine Fotokollage über die verschiedenen Abschnitte der Projekttage erlaubten den Gästen interne Einblicke.

Zum Gedenken der Kriegsopfer

Etwa 70 Personen nahmen an der Gedenkveranstaltung teil, die der Landesverband Hessen im Volksbund gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern der Richard-Müller-Schule auf dem Zentralfriedhof Fulda ausrichtete. Dieses große Interesse würdigte den Einsatz der jungen Menschen. Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, Staatsminister a. D. Karl Starzacher als Landesvorsitzender des Landesverbandes Hessen im Volksbund, Projektinitiator und -förderer Gunter Geiger, Dechant Stefan Buß und Dekan Dr. Thorsten Waap zollten den Zwölftklässlern Respekt und sagten Dank für das Engagement.

Als Ehrengäste mit dabei waren die Fast-Zeitzeugin Karola Krisch und Günter Sagan, Kulturpreisträger der Stadt Fulda, der sich über Jahrzehnte hinweg mit der Aufarbeitung der Lokalgeschichte der osthessischen Stadt und eben auch mit dem Ereignis im Krätzbachtunnel vor 80 Jahren beschäftigt hat.

Aus der Geschichte lernen

Den Schülerinnen Maike Albinger und Hannah Birkenstock war es wichtig, einen roten Faden in die Gegenwart zu spannen. Wer nicht aus der Geschichte lernt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen, zitierten sie vor den geladenen Gästen und spiegelten die damaligen Geschehnisse in Fulda vor der Schablone der Luftangriffe, die aktuell Menschen in der Ukraine erleben. Erst am Vortag der Projektwoche war in Kiew ein Kinderkrankenhaus bombardiert worden.

Die Gedenkveranstaltung ist aufgezeichnet worden vom Medienzentrum Fulda

Unterstützt und finanziert wurde das Projekt vom Rotary Club Fulda und der Katholischen Akademie Fulda.

Text Dr. Maike Bartsch

 

Presseberichte zur Projektwoche

https://osthessen-news.de/n11763231/700-menschen-in-bunker-getoetet-bomben-fallen-auf-die-domstadt.html

https://www.osthessen-zeitung.de/einzelansicht/news/2024/juli/gedenkveranstaltung-fuer-fuldaer-bombenopfer-vor-80-jahren.html

https://www.fuldaerzeitung.de/fulda/gendenkfeier-opfer-luftanschlag-kraetzbachbunker-fulda-richard-mueller-schule-93184532.html?cmp=json