Meldungen aus dem Landesverband Hessen
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Grabsteine säubern und die Erinnerung bewahren

Schülerinnen initiierten Reinigungsaktion in Kassel-Bettenhausen

Ideengeberinnen für das kleine Workcamp: die Schülerinnen Melissa Pelzel und Zoé-Lee Schwingenheuer

Ideengeberinnen für das kleine Workcamp: die Schülerinnen Melissa Pelzel und Zoé-Lee Schwingenheuer Maike Bartsch

„Können wir das auch mal in unserer Freizeit machen?“, hatten einige Schülerinnen der Kasseler Albert-Schweitzer-Schule am Ende eines Bildungsprojektes des Landesverbandes Hessen im Volksbund auf dem Kasseler Hauptfriedhof gefragt, nachdem sie eher symbolisch und für ein kurzes Zeitfenster Hand anlegen durften an die mit Mosen und Flechten bewachsenen Grabsteine. Angetan von der Wirksamkeit des eigenen Handelns wünschten sie sich eine weitere Aktionsmöglichkeit in den Sommerferien.

Eigeninitiative wird geschätzt

Leicht war es dann nicht, in der schulfreien Zeit einen Termin zu finden, der allen Freiwilligen passte. Letztlich waren es nur vier Akteure, die in Kassel-Bettenhausen auf der Gräberstätte ausländischer Opfer des Zweiten Weltkrieges zusammenkamen, darunter Geschichtslehrer Boris Krüger, der sofort seine Unterstützung zugesagt hatte. „Ich freue mich immer, wenn Schülerinnen und Schüler von sich aus Initiative ergreifen“, sagte Krüger, der sich selbst vielfältig ehrenamtlich engagiert.

Gestartet wurde mit einer Führung über die zwei Kriegsgräberstätten des Friedhofs. In den 1940er Jahren stand der Kasseler Stadtteil Bettenhausen als Industriestandort besonders im Fokus britischer Luftangriffe, so dass hier viele Zivilisten zu Kriegsopfern wurden. Wie so oft sind in Bettenhausen die „eigenen“ und die „fremden“ Toten getrennt voneinander bestattet. Kriegsgefangene, Zivil-, Fremd- und Zwangsarbeiter wurden auf eine separate Gräberstätte gebettet.

Die Teilnehmenden des Aktionstages erfuhren von den Schicksalen der 30.000 Ausländer verschiedener Nationalitäten, die sich zum Kriegsende hin in Kassel aufhielten. Erst dann begann der handwerkliche Teil des Tages. Trotz ihrer kleinen Größe schaffte es die Gruppe bis zum Nachmittag, alle 28 Steine zu säubern.

Den Toten Aufmerksamkeit schenken

Zuständig für die Pflege der Gräberfelder ist die Friedhofsverwaltung Kassel. Die Grabsteine des Bombenopferfeldes in Bettenhausen sowie ein Teil der Steine auf dem Feld der ausländischen Oper konnten in einem umfänglichen Sanierungsprojekt im letzten Jahr professionell instand gesetzt werden. Dank der Initiative der Schülerinnen der Albert-Schweitzer-Schule Kassel ist nun auch der restliche Teil wieder in einem sehr guten Zustand.

Nach ihren Beweggründen gefragt, eine Reinigungsaktion regelrecht einzufordern, sagten die Schülerinnen Zoé-Lee Schwingenheuer und Melissa Pelzel, sie haben „den Menschen Aufmerksamkeit schenken wollen“, die in Kassel so schwere Zeiten durchleben mussten.

(Text: Dr. Maike Bartsch)