Meldungen aus dem Landesverband Hessen
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Nie wieder ist jetzt!

Zentrale Gedenkstunde des Landes Hessen zum Volkstrauertag

Die Schülerinnen des Grimmelshausen-Gymnasiums am Stand des Volksbundes in der Wandelhalle der Paulskirche Volksbund/Viola Krause

„Nie wieder ist jetzt!“ - Unter dem Eindruck der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten war dieser Gedanke der zentrale Bestandteil der Gedenkstunde des Landes Hessen zum diesjährigen Volkstrauertag am Sonntag, 19. November 2023, die in der Paulskirche in Frankfurt am Main stattfand.

In seiner Gedenkrede erinnerte Uwe Becker, Staatssekretär für Europaangelegenheiten und hessischer Beauftragter für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, nicht nur der Millionen Toten und Opfer der Weltkriege und der Gewaltherrschaft. Er gedachte ebenso der Menschen, die heute Opfer von Krieg und Gewalt werden und machte insbesondere auf die Situation jüdischer Menschen in Deutschland aufmerksam, die wieder von Angst geprägt sei. Was heute in Deutschland geschehe, habe sich seit Längerem abgezeichnet. Denn so wie die Zeichen damals zu sehen gewesen waren, so seien sie auch heute zu sehen - sofern die Menschen hinsähen und hinhörten, so Becker.

 

„Wir leben immer in einer Zeit, in der wir festmachen können, was unser eigenes Verhalten ist. Und die Frage, was hätte man selbst in Zeiten getan, in denen andere das Falsche, oder Nichts – was eben auch das Falsche sein kann – getan haben ... diese zum Teil sehr abstrakten Fragen kann jeder und jede heute, hier und jetzt sehr konkret durch eigenes Handeln beantworten.“

Staatssekretär Uwe Becker in seiner Gedenkrede

Dies gelte auch für den völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine - auch diese Entwicklungen seien seit langem sichtbar gewesen: „Wir haben es gesehen, wir haben aber interpretiert. Interpretiert aus jenem Bewusstsein heraus, was Frieden, Sicherheit, Stabilität eigentlich ausmacht. [...] Diese Interpretation darf aber an einem Punkt  nicht dazu führen, dass wir verkennen, dass sie nur funktionieren kann, wenn man stark genug ist, sie in der Konsequenz auch zu vertreten und zu verteidigen.“ Für Deutschland sei nicht nur durch die Verbrechen des Zweiten Weltkrieges, sondern auch durch das Vertrauen, dass uns frühere Kriegsgegner entgegengebracht haben, die zusätzliche Verantwortung entstanden, uns für Frieden und Freiheit in der Welt gemeinsam einzusetzen, mahnte Becker.

Gleichermaßen äußerte sich Stadtrat Dr. Bernd Heidenreich, der die anwesenden Gäste für die Stadt Frankfurt begrüßte. Er betonte, dass es unsere Pflicht als Deutsche sei, die Erinnerung an die Einzigartigkeit des Holocaust und der nationalsozialistischen Verbrechen, wachzuhalten. Besonders heute sei es unsere Aufgabe, jeder Form von Antisemitismus entgegenzutreten. „Vor allem an die junge Generation müssen wir die Erfahrung weitergeben: Niemand darf sich aus der Verantwortungsgemeinschaft seines Volkes verabschieden. Das aber bedeutet aktiven Einsatz für Frieden, für Freiheit, für Toleranz und vor allem für Versöhnung.“ Auf die Frage, ob der Volkstrauertag heute, fast 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges noch zeitgemäß sei oder ob nicht besser ein Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen sei, hatte Dr. Heidenreich eine klare Antwort: „Die Fähigkeit zu trauern gehört zum Kern jeder humanen Gesellschaft. [...] Der Volkstrauertag bietet Gelegenheit, uns diese Bedeutung des Trauerns noch einmal in Erinnerung zu rufen.“ Unsere heutige Gesellschaft böte kaum noch Platz für Trauer oder Totengedenken. „[Doch] eine Gesellschaft, die Erinnerungen an menschliches Leid, an die Opfer von Krieg, Diktatur und Terror aus dem individuellen und kollektiven Gedächtnis löscht, und ihre Verantwortung für die Geschichte vergisst, wird auch die Kraft verlieren, die Herausforderungen der Gegenwart zu bestehen.“

"Wie schafft man Frieden?"

„Was bedeutet Frieden? Warum fängt jemand einen Krieg an?“ - Dies Fragen stellten sich Schülerinnen des Grimmelshausen-Gymnasiums in Gelnhausen, die in diesem Jahr die inhaltliche Gestaltung der Gedenkstunde in der Paulskirche übernommen hatten. In der Rolle von fünf Persönlichkeiten aus fünf Jahrhunderten diskutierten sie über Bedingungen und Wege, dauerhaften Frieden zu schaffen. Die sei nur möglich, wenn die jeder Einzelne von uns für den Frieden einsteht - darin waren sich am Ende (fast) alle der Protagonisten einig.

Bereits im vergangenen Jahr hatten die Schülerinnen für diesen Beitrag den Bertha-von-Suttner-Friedenspreis für die Jugend, der 2022 erstmalig von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Pax Christi, dem Zentrum Ökumene der Evangelischen Kirche und der Katholischen Akademie Rabanus Maurus verliehen wurde. Während der Gedenkveranstaltung trugen die Schülerinnen eine gekürzte und adaptierte Fassung vor.

„Wir Menschen schaffen Frieden, indem wir aufhören zu denken, Gewalt könne alle Probleme der Welt lösen. Denn das tut sie nicht. Wir schaffen Frieden, indem es uns endlich gelingt, miteinander und nicht gegeneinander zu leben.“

Schulbeitrag des Grimmelshausen-Gymnasiums Gelnhausen

(Text: WB)

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