„Die Sehnsucht nach einem friedlichen Leben – Vom Wert der Menschenrechte“. Der Titel des Beitrages der Schülerinnen und Schüler der Kopernikusschule aus Freigericht spiegelte den inhaltlichen Themenschwerpunkt des Volksbundes und somit auch der diesjährigen Gedenkstunde zum Volkstrauertag in der Frankfurter Paulskirche wieder. Das Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt geht einher mit der Mahnung wachsam zu bleiben und aus den bitteren Lehren der Vergangenheit zu lernen. Zugleich ist es die Aufforderung, es besser zu machen und sich der Anfänge neuen Unrechts und neuer Gewalt zu wehren und aktiv für die Wahrung der Menschenrechte einzutreten.
„Wir wünschen uns, dass die Menschen aus der Geschichte dieses Landes lernen. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte soll keine Zukunftsmusik sein. Sie soll überall Realität werden.“ Dass sie es längst nicht ist, weiß niemand besser als die jungen Menschen, die ihre persönlichen Geschichten mit den Gästen der Feierstunde teilten. Sie alle sind Schülerinnen und Schüler ehemaliger Intensivklassen. Sie alle sind allein oder mit ihren Familien nach Deutschland geflohen, weil in ihrer Heimat Krieg herrscht. Sie alle sind erst hier mit dem Thema in Berührung gekommen: „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob es Menschenrechte in meinem Heimatland gibt. Ich komme aus einem Land, in dem man nicht mit dem Wort „Rechte“ konfrontiert wird. Und wenn ich jetzt auf mein altes Leben zurückblicke, bemerke ich, dass die Menschen in meiner Heimat nur mit Menschenrechtsverletzungen leben.“, so fasste Nahla ihre Empfindungen zusammen.
Es waren bewegende Geschichten, die die jungen Leute vortrugen. Nicht nur der Applaus der Gäste auch die Worte von Staatsminister Stefan Grüttner brachten dies zum Ausdruck: „Ich danke Euch für Euren Mut, Eure Geschichte zu erzählen und für die Botschaften, die Ihr uns mitgegeben habt.“
In seiner Gedenkrede betonte der hessische Integrationsminister die Bedeutung von Gedenken und Versöhnung für das Land Hessen und zitierte den Ministerpräsidenten anlässlich einer Veranstaltungsreihe aus dem Jahre 2014: „Wir brauchen solche Veranstaltungen, um unseren Respekt vor den Opfern zu zeigen und um nach Möglichkeit kluge Lehren zu ziehen, um die Fehler nicht zu wiederholen, die andere begangen haben, und um Wege zu einer guten gemeinsamen Zukunft zu finden.“ Doch Versöhnung habe noch lange nicht überall stattgefunden, Frieden und Respekt vor den Menschenrechten seien leider keinesfalls der Normalzustand.
In diesem Zusammenhang kam Stefan Grüttner auch auf einen erstarkenden Nationalismus in Europa zu sprechen: Die Vergangenheit zeige, dass das „Nichtvorhandensein oder der Verlust von Respekt für den Nächsten immer kennzeichnend für den Nationalismus gewesen ist und es immer sein wird.“ Deshalb gelte es, mit dem Respekt vor dem Nachbarn über die Grenzen hinweg und im eigenen Land Nationalismus, Rassismus und religiöser Intoleranz zu verhindern und ihnen entgegenzuwirken. „Denn Konflikte beginnen mit Vorurteilen und Verachtung zwischen den Menschen, sie gehen Konflikten zwischen Gruppen und Staaten voraus.“ Man solle in Anlehnung an Mark Twain „gemeinsam das Kriegsbeil tiefer und tiefer vergraben und die Friedenspfeife immer in Reichweite haben“.
Auch Oberbürgermeister Peter Feldmann appellierte in seiner Begrüßung daran, gemeinsam daran zu arbeiten, Konflikte im Sinne der Geschichte der Paulskirche nicht mit Gewalt, sondern an runden Tischen auszutragen.
Dies sei auch in Europa eine große Errungenschaft, die zahlreiche Völker gemeinsam erarbeitet und fortgeschrieben hätten und die es zu bewahren und zu würdigen gelte. Ebenso wie Stefan Grüttner sprach sich auch der Oberbürgermeister dafür aus, den Blick nicht nur auf die Vergangenheit zu richten, sondern „jedes einzelne Opfer als Mahnmal“ für die Gegenwart und Zukunft zu begreifen. Und: „Wir gedenken nicht nur der Toten, sondern auch der vielen Menschen, die gezwungen sind, in menschenunwürdigen Verhältnissen zu leben. Auch dies ist ein Grund zu Trauer“, so Peter Feldmann in seiner Ansprache. Und ohne es zu wissen, griff er damit dem jungen Zain vorweg, der die Bedeutung von Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wie folgt zusammenfasst: „Wenn man keine Menschenwürde hat, ist man kein Mensch“.