Meldungen aus dem Landesverband Hessen
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Auf den Spuren des Ersten Weltkrieges

Valentin-Traudt-Schule Großalmerode zu Gast in Kassel

Herbstliche Stimmung auf den Gräbern des Ersten Weltkriegs in Kassel-Niederzwehren

Herbstliche Stimmung auf den Gräbern des Ersten Weltkrieges in Kassel-Niederzwehren Maike Bartsch

Der Anfahrtsweg aus dem nordhessischen Großalmerode mit öffentlichen Verkehrsmitteln war weit, der Fußweg von der letzten Bahnhaltestelle bis zur Kriegsgräberstätte im Langen Feld in Kassel-Niederzwehren beschwerlich. Das regnerische Wetter tat ein Übriges. Und doch können Pädagogen sich auch solche Gegebenheiten zunutze machen, vermitteln sie doch vielleicht ein Gefühl davon, dass man zumindest die Möglichkeit gehabt hätte, feste Schuhe statt der flachen Sneaker zu tragen und eine wetterfeste Jacke. Die Lehrer hatten im Vorfeld auf eine entsprechende Ausstattung hingewiesen. 

Die 20.000 Gefangenen, die zu Zeiten des Ersten Weltkriegs über Jahre hinweg auf dem unwirtlichen Areal festgehalten wurden, hatten diese Kleiderwahl nicht. Die Uniform, die sie zum Zeitpunkt ihrer Gefangennahme auf dem Leib getragen hatten, mussten die alliierten Soldaten tags wie nachts tragen – ein Faktum, das die Verbreitung von Läusen beschleunigte, die Krankheiten ins Lager brachten. Viele der Kriegsgefangenen fielen einer Fleckfieber-Epidemie zum Opfer, die im Jahr 1915 im Lager grassierte. 

30 Schülerinnen und Schüler der Valentin-Traudt-Schule Großalmerode erkundeten die Kriegsgräberstätten in Kassel-Niederzwehren. Zuerst ging es darum, die Örtlichkeit selbständig in der Gruppe lesen zu lernen, Unverständliches aufzudecken, Fragen zu formulieren. Was machen Australier auf der britischen Gräberstätte? Warum finden sich auf der „russischen“ Gräberstätte so wenige Gedenkelemente? Die Besonderheiten des Ortes wurden gemeinsam aufgedeckt, die Geschichte des Lagers im Plenum erläutert. 

Im Anschluss traf sich die Gruppe in den Werkräumen der Volkshochschule Region Kassel. Hier wurde am Erhalt der Erinnerung gearbeitet: Die Schülerinnen und Schüler hatten Einblick in Sterbeurkunden und beschäftigten sich mit jeweils einem Kriegsopfer. Aus Ton wurden Namenstafeln gestaltet, die zukünftig auch auf der sogenannten „russischen“ Kriegsgräberstätte ein individuelles Gedenken ermöglichen sollen.  Anders als auf dem nebenanliegenden britischen Friedhof sind hier bislang nicht nur die Namen der Toten ausgespart. Man erkennt auch nicht, dass die damalige Imperiale Russische Armee aus Menschen bestand, die wir heute als Ukrainer, Letten, Polen usw. bezeichnen würden. 

Im Rahmen des Namensziegelprojektes des Landesverbandes Hessen im Volksbund sollen die Mängel auf den Gräbern der osteuropäischen Kriegstoten bald behoben werden. Die Kasseler Max-Eyth-Schule hat gerade wieder neue Trägermodelle produziert, die nun mit den Namenstafeln bestückt werden können, die die Großalmeroder Schülerinnen und Schüler gestaltet haben. Eine Einweihung erfolgt am diesjährigen Volkstrauertag. 

(Text: Dr. Maike Bartsch, 8.10.2024)

 

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