Meldungen aus dem Landesverband Hessen
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„Bomben auf Frankfurt“: Kriegsgräber-Führung des Volksbunds auf dem Hauptfriedhof

Luftaufnahme der zerstörten Frankfurter Altstadt nach Kriegsende Gemeinfrei

Angebot zum „Tag der Führungen“ 2023

Der bundesweite „Tag des Friedhofs“ – stets am dritten Sonntag im September – wird auf dem Frankfurter Hauptfriedhof nur alle zwei Jahre begangen. In den Zwischenjahren richtet das Grünflächenamt am entsprechenden Datum ein reduziertes Programm mit dem Titel „Tag der Führungen“ aus. Wie immer war der Volksbund in Hessen auch 2023 wieder mit einem eigenen Angebot an der Veranstaltung beteiligt. Bei viel Sonne und sommerlichen Temperaturen folgten 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Einladung zu einem Rundgang über die Kriegsgräberfelder des Hauptfriedhofs. Inhaltlicher Schwerpunkt der Führung durch Dr. Götz Hartmann, Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Volksbunds in Hessen, waren in diesem Jahr die Luftangriffe auf Frankfurt im Ersten und Zweiten Weltkrieg.

Am Beispiel ausgewählter Einzelschicksale wurden dabei auch allgemeine Informationen zur Geschichte der Kriegsgräberfelder des Frankfurter Hauptfriedhofs und zum Kriegstoten-Denkmal von 1928 vermittelt. Präsentiert wurden Ergebnisse aus dem historischen Forschungsprojekt, mit dem der Volksbund in Hessen seit 1999 die Geschichte der Kriegsgräberstätten aufarbeitet. Der Frankfurter Hauptfriedhof war 2018 und 2019 Schwerpunktthema im Projekt, in das bis heute 16 hessische Kriegsgräberstätten aufgenommen wurden.

75 Angriffe, 5.600 Tote, 17 Millionen Kubikmeter Schutt

Schon im Ersten Weltkrieg war Frankfurt am Main Ziel vereinzelter alliierter Luftangriffe. 21 Menschen fielen Bombenabwürfen zum Opfer wie der Lehrling Friedrich Bock, der am 12. August 1918 auf der Bockenheimer Landstraße tödlich verletzt wurde.

Eine tiefe Zäsur in der Frankfurter Stadtgeschichte stellten jedoch erst die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs dar. In rund 75 Luftangriffen zwischen 1940 und 1945 warfen britische und amerikanische Flugzeugbesatzungen etwa 26.000 Tonnen Bomben auf die Stadt ab. 90.000 der 177.000 Wohnungen in Frankfurt wurden ebenso zerstört wie beinahe alle öffentlichen Bauten, Kirchen, Schulen und Krankenhäuser. Der mittelalterliche Stadtkern wurde fast vollständig ausgelöscht. 5.600 Menschen starben, 17 Millionen Kubikmeter Schutt bedeckten bei Kriegsende das Stadtgebiet.

Bei den Luftangriffen auf Frankfurt starben nicht nur deutsche Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt, sondern auch Kriegsgefangene, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und andere Menschen, die vom NS-Regime aus dem Ausland verschleppt worden waren. So lernten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Führung am Grab der Toten auch das Schicksal von Natalija Serbina kennen, einer 18-jährigen Zwangsarbeiterin aus der Sowjetunion, die 1945, wenige Tage vor dem Einmarsch der US-Armee in Frankfurt, den Verletzungen erlag, die sie bei einem Luftangriff erlitten hatte.

Einzelschicksale als Zugang zu historischen Themen

Die Präsentation von Einzelschicksalen, die aus historischen Quellen rekonstruiert wurden, ist Teil des Informationskonzepts, das der Landesverband zur Dokumentation seiner Forschungsergebnisse entwickelt hat. Ziel ist, aus jeder der unterschiedlichen Gruppen von Toten einer Kriegsgräberstätte mindestens eine exemplarische Lebensgeschichte vorstellen zu können. Der Volksbund in Hessen versteht Kriegsgräberstätten heute auch als Lernorte der historisch-politischen Bildung. In seiner Bildungsarbeit hat sich gezeigt, dass Besucherinnen und Besucher von Kriegsgräberstätten sich besonders für die individuellen Schicksale der dort bestatteten Toten interessieren und darüber einen persönlichen Zugang zu historischen Themen finden können.

(18.09.2023, GH)