Erfahrungsbericht über das FSJ-Politik beim Landesverband Hessen 2013/14

Messepräsenz auf der "Hessen total international" in Wiesbaden, Foto: K. Dittrich

Ein Halbzeitbericht

Kriegsgräber – das klingt nach Grauen, Tod und Trauer.
Schon mit der ersten Aufgabe bekam ich es direkt damit zu tun. Ein Angehöriger wollte den Verbleib eines deutschen Soldaten erfahren, der irgendwo 1940 in Frankreich gefallen sein soll.
Und tatsächlich, den Namen und das Geburtsdatum in die Datenbank eingegeben, kommt die Grablage des Gesuchten am Ende heraus. Schnell noch Informationen zur Kriegsgräberstätte und Anreise zusammengestellt und weggeschickt. Ein paar Tage später dann die Rückmeldung: „Vielen Dank, das werde ich mit einer Spende versehen!“. Keine Spur von Traurigkeit, eher pure Freude darüber, jemandem in so einer wichtigen Angelegenheit helfen zu können.

Fundraising und Volkstrauertag

Doch so ganz ohne Trauer geht’s beim Volksbund nicht. Es war Ende September, in anderthalb Monaten stand der Volkstrauertag an. Das heißt erst einmal: Versandaktion. Broschüren eintüten, frankieren und abschicken. Ohnehin galt es in den ersten Wochen sich zu orientieren und die vielen Eindrücke zu verarbeiten.
Dann kam der Volkstrauertag. Ich sollte bei der Sammlung aktiv werden. Insgesamt steht das „Fundraising“ an vorderer Stelle, so auch bei der Auftaktveranstaltung zum Sammelzeitraum mit einem Platzkonzert der Bundeswehr in Wiesbaden und noch einmal bei der Musikparade in Wetzlar, immer dabei die Spendendose und ein freundliches Lächeln.

Jugend- und Bildungsarbeit

Danach wurde ich ein wenig selbstständiger, machte alleine meine erste Führung auf dem Frankfurter Hauptfriedhof für meine FSJ-Seminargruppe und gestaltete einen interaktiven Beitrag für unsere Präsenz auf der Auslandsmesse „Hessen total international“.
Damit wurde ich verstärkt in die Arbeit des Jugendreferats eingebunden, denn nach den Camps ist vor den Camps. Es galt Teilnehmer für die Jugendbegegnungen 2014 zu werben. Ansprechende Werbetexte, Pressemitteilungen und Werbemittel mussten erstellt und bestellt werden.
Im Anschluss folgt die nächste Phase der Camp-Vorbereitung: es ging in den direkten Kontakt mit Bewerbern, E-Mail-Bestätigungen, Anrufe von Müttern und die Registrierung der Anmeldungen.

Zwangsarbeit in Gießen

Parallel dazu durfte ich mir noch ein eigenes Projekt ausdenken. Da ich historisch sehr interessiert bin, kam mir dabei in den Sinn, die Kriegsgräberstätte in Gießen näher in den Blick zu nehmen. Bei einem Schulprojekt wurde das dortige „Ostarbeiterfeld“ bereits näher thematisiert, doch dass man über einzelne Tote nichts sagen konnte, war für mich unbefriedigend.
Eine Art digitale Spurensuche soll am Ende Auskunft über die Personen geben. Dachte ich mir zumindest. Denn so schnell schießen die Preußen nicht. Beziehungsweise FSJler, die sich eines längst vergessenen Themas widmen.
Die Recherche brachte und bringt mich in die verschiedensten Richtungen, mal geht es um das anatomische Institut Gießen, mal um einzelne Betriebe, die Zwangsarbeiter beschäftigten. Gar nicht so leicht da den Überblick zu behalten. Und doch: man findet spärliche Erkenntnisse über einzelne Tote, was mich wiederum noch mehr anspornt bald auch im Archiv des „International Tracing Service“ in Bad Arolsen zu recherchieren.

Die unbekannten Toten aus Bensheim

Ähnlich und doch wieder ganz anders verhält es sich in Bensheim. Bensheim? Ja, da ist dieses Jahr der Hessentag und der Landesverband möchte die dortige Kriegsgräberstätte auf seinem Stand präsentieren. Das heißt: alte Ordner durchwühlen und sämtliche Stellen kontaktieren, immer auf der Suche nach Anhaltspunkten wo die ganzen Toten herkamen und was sie vorher machten. Da Tote normalerweise nicht umherwandeln, muss sie jemand dorthin gebettet haben. Und normalerweise müssten diese Vorgänge auch dokumentiert worden sein. Nur ein Todesdatum lässt aber wenige Rückschlüsse auf das Leben des Verstorbenen zu. Was dabei herauskommt, wird sich - wie in Gießen - also noch zeigen.

Mein erstes Workcamp

Bensheim wird auch bei der internationalen Jugendbegegnung im südhessischen Ernsthofen Thema sein, die ich leiten werde. Die Anmeldungen von Jugendlichen aus ganz Europa flattern ins Haus und verheißen zwei äußerst interessante und multikulturelle Sommerwochen.

Auf einer selbstorganisierten Tagung (zusammen mit Nadja Tietz vom LV Berlin) freue ich mich, die anderen FSJler des Volksbundes kennenzulernen. Ich frage mich, ob deren Tätigkeiten auch wirklich so viel mit Grauen, Tod und Trauer zu tun haben.
Jetzt ist Halbzeit und es geht immer weiter, erst der Hessentag und dann die Camp-Saison. Es bleibt spannend.

Noël Schepp (Freiwilliger im FSJ-Politik 2013/14)