Meldungen aus dem Landesverband Hessen
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Russische Kriegsgräber ohne Namen

Schulprojekt in Kassel-Niederzwehren befördert das individuelle Gedenken

 

Gedenktafel für Alexis Okladnikow aus Kansk in Sibirien

Gedenktafel für Alexis Okladnikow aus Kansk in Sibirien Maike Bartsch

Kriegsgräberstätten erzählen Geschichte(n). Sie sind ein Erinnerungsort für die vielen Toten vergangener Kriege, die sich uns oft als anonyme Größe präsentieren. Sie sind aber auch ein Ort persönlicher Geschichten. Meistens aber muss man den Schicksalen der Toten aktiv nachspüren.

Der Leistungskurs Geschichte der 12. Jahrgangsstufe des Kasseler Friedrichsgymnasiums hat sich dieser Aufgabe gestellt. Nach einem ersten Kennenlernen der Kriegsgräberstätte Kassel-Niederzwehren wurden Probleme ausgelotet: Warum werden die ehemaligen Kriegsgefangenen der Armee des russischen Zarenreichs nicht namentlich betrauert? Wie gehen wir mit dem Gedenkstein für die Ärzte und Aufseher des damaligen Kriegsgefangenenlagers um, der sehr wohl persönlich gedenkt? Und ist der Gedenkstein auch ein symbolischer Grabstein, oder haben die deutschen Wärter anderswo ihre letzte Ruhe gefunden?
 

Glücklichen Zufällen und passenden Kontakten ist es vor allem zu verdanken, dass sich neue Quellen zu drei Schicksalen fanden. In Gruppen bearbeiteten die Schülerinnen und Schüler die Materialien, unter anderem zu dem jungen Lagerarzt Fritz Voelker und dem aus der Krim stammenden Soldaten des russischen Zarenreichs Alim Muratasal. Zu letzterem fanden sich Unterlagen auf dem Gut Freienhagen bei Fuldabrück, der kriegsbedingten Einsatzstätte Muratasals – aber auch sein selbstgewählter Aufenthalts- und Arbeitsplatz als freier Mann.

An dieser Stelle schließt sich wieder der Kreis, führen individuelle Geschichten zu der einen, großen Geschichte, nämlich zu der Geschichte Russlands nach 1917, unter Stalin, im Zweiten Weltkrieg, nach 1945. Wer diese Geschichte versteht, vermag auch die heutigen Konflikte im Osten besser einzuordnen.

Zum Abschluss des Projekts gestalteten die Schülerinnen und Schüler aus Ton Namenstafeln, die auf der "Russischen" Gräberstätte in Niederzwehren ihren Platz finden werden. Damit leisteten sie einen Beitrag für die Gedenkarbeit vor Ort und gegen das Vergessen.

Für die wie immer wunderbare Zusammenarbeit dankt der Landesverband René Mallm und Arndt Kleesiek vom Friedrichsgymnasium sowie den Familien von Waitz und Voelker für die Bereitstellung der Nachlässe!

Text: MB

 

Möchten Sie auch mit einer Gruppe die Gräberstätte Kassel-Niederzwehren besuchen und Namensziegel erstellen? Die Regionalstelle Hessen Nord berät Sie gern.